Löschbegehren und Aufbewahrungsfristen im Gesundheitswesen

Handlungsempfehlungen für den Fall eines Löschbegehrens

Gesundheitsdienstleister sind verpflichtet Behandlungen von Patienten zu dokumentieren und zu speichern. Was gilt es hinsichtlich des Datenschutzes zu beachten, wenn von Seite des Patienten die Herausgabe oder Löschung der Daten gefordert wird? Auch das revisionierte DSG legt keine fixen Aufbewahrungsfristen fest, es wird aber in Art. 6 Abs. 4 gefordert, dass personenbezogene Daten anonymisiert oder gelöscht werden müssen, wenn diese zur Zweckerfüllung nicht mehr benötigt werden. Gemäss rev. DSG gilt es also einen detaillierten Blick auf den Zweck der Datenverarbeitung zu werfen, weil mit dem Zweck auch gleichzeitig die Aufbewahrungsfrist gesetzlich festgelegt wird.

Zweck der Datenverarbeitung/Aufbewahrungsfristen

Art. 29 des Gesundheitsgesetzes des Kantons Graubünden definiert für Gesundheitsdienstleister den Zweck der Aufbewahrung der Patientendokumentation – welche schriftlich oder elektronisch geführt werden kann - indem darin gefordert wird, dass medizinische Behandlungen laufend dokumentiert und für mind. 10 Jahre aufbewahrt werden müssen. Am 1. Januar 2020 trat die Änderung des Verjährungsrechtes in Kraft, wonach die Verjährungsfrist für „Forderungen auf Schadenersatz oder Genugtuung aus vertragswidriger Körperverletzung oder Tötung eines Menschen“ von 10 auf 20 Jahre verlängert wurde (Art. 128a OR). Diverse Kantone passten die Aufbewahrungsfrist für Patientendokumentationen in den kantonalen Gesundheitsgesetzen entsprechend ebenfalls auf 20 Jahre an, (noch) nicht so aber der Kanton Graubünden. Diese Aufbewahrungsfristen des Gesundheitsgesetzes beziehen sich auf die Dokumentation der medizinischen Behandlung durch ein Krankenhaus oder einen Arzt, nicht aber auf Institutionen, welche medizinische Daten in deren Auftrag bearbeiten, wie beispielsweise ein Röntgeninstitut.

Datenherausgabe/Löschung

Das Recht auf Datenherausgabe ist im Art. 28 rev. DSG geregelt, wonach Personen die Herausgabe ihrer Personendaten in einem gängigen elektronischen Format verlangen können. Ebenfalls kann die kostenlose Übertragung an einen anderen Verantwortlichen verlangt werden, solange dies keinen unverhältnismässigen Aufwand für den Verantwortlichen bedeutet.

Das Recht auf Löschung wird im rev. DSG nicht explizit aufgeführt, allerdings implizit indem im Art. 6 Abs. 4 gefordert wird, dass personenbezogene Daten anonymisiert oder gelöscht werden müssen, wenn diese zur Zweckerfüllung nicht mehr benötigt werden. Im KDSG Graubünden ist das Recht auf Löschen ebenfalls nicht explizit geregelt. In Art. 5 Abs. 1 lit. d wird aber ein Recht auf «Vernichtung nicht notwendiger (…) Personendaten» verankert. Demgegenüber gilt die Aufbewahrung resp. Speicherung von Patientendokumentationen als notwendig, nämlich für die Behandlungs- und Patientensicherheit.

Die Rechte der betroffenen Personen gemäss Datenschutzgesetz überwiegen nicht den Pflichten der Verantwortlichen, also den Gesundheitsdienstleistern. Gemäss oben stehendem ersten Absatz sind diese an eine Aufbewahrungspflicht von mind. 10 Jahren gebunden und es liesse sich auch ein überwiegendes Interesse für die Aufbewahrungsfrist von 20 Jahren begründen. Eine Lösung bietet hierzu Art. 48 des Gesundheitsgesetzes Graubünden. Darin ist definiert, dass die Originaldaten im Gegenzug mit einer Verzichtserklärung zur Aufbewahrungspflicht ausgehändigt werden können. Es ist ratsam, dass der herausgebende Arzt resp. die herausgebende Institution eine Kopie behält. Dies ist aus folgenden Gründen zu empfehlen:

  1. Es besteht kein explizites Recht auf Löschung.
  2. Eine Verzichtserklärung für alle Ansprüche und für immer kann von einem Gericht als zu weitgehend aufgehoben werden.
  3. Die Kopie ermöglicht es dem Arzt resp. der Institution, sich gegen Forderungen des Patienten zu verteidigen.

Zusammenfassend müssen medizinische Daten, die zur Behandlungsdokumentation gehören, für mind. 10 Jahre bzw. nach einer zu erwartenden Gesetzesänderung für 20 Jahre aufbewahrt werden. Nach diesem Zeitraum entfällt der im Datenschutzgesetz geforderte Zweck der Datenverarbeitung. Vor Ablauf dieser Frist, müssen die Daten mindestens als Kopie bereitgestellt werden. Die Herausgabe im Original soll mangels explizitem Recht auf Löschung nur im Gegenzug mit einer Verzichtserklärung erfolgen. Die Löschung wäre im Übrigen für beide Parteien nicht optimal. Der Patient könnte dadurch wichtige medizinische Unterlagen verlieren, die zu einem späteren Zeitpunkt wieder relevant werden können und Gesundheitsdienstleister würden Dokumentationsunterlagen und dadurch Verteidigungsmöglichkeiten verlieren, die im Falle einer Klage wichtig werden könnten.

Autoren

  • lic. iur. Roman Dolf (Leiter Rechtsdienst KSGR)
  • Rebekka Grassmayr, MAS (Datenschutzspezialistin Sirius Consult AG)

Zurück